Der Mindestlohn im Minijob und in allen anderen Arbeitsverhältnissen beträgt seit diesem Jahr 8,84 €. Wie viele Stunden muss ein Minijobber auf 450 Euro Basis dafür eigentlich arbeiten?
Rechnerisch sind das 450,00 EUR geteilt durch 8,84 EUR = 50,90 Stunden, also aufgerundet 51 Stunden im Monat.
Die im Beitrag vorgestellte Studie zeigt, dass viele Minijobber entgegen der Gesetzeslage keinen gesetzlichen Mindestlohn erhalten. Die Studie bezieht sich auf März 2015. Wie wird es im Jahr 2017 aussehen?
Es steht zu befürchten, dass sich die Zahl nur geringfügig verbessern wird. Die Zahlen lassen vermuten, dass die Arbeitgeber, die den Mindestlohn im Minijob nicht freiwillig zahlen wollen, nur dann reagieren, wenn sie von staatlicher Seite aus kontrolliert und ggf. auch sanktioniert werden.
Zu wenig Kontrollen, hieß es im Beitrag. Wie kommt das? Wer kontrolliert, ob der Mindestlohn eingehalten wird?
Dafür ist die Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) zuständig, eine Abteilung des Zolls. Vor Einführung des gesetzlichen Mindestlohns kontrollierte sie bereits die Einhaltung der Branchenmindestlöhne. Um der neuen Aufgabe Herr zu werden, hat die Große Koalition angekündigt, dass weitere 1.600 Stellen bei der FKS geschaffen werden sollen. Dieses Versprechen ist bislang nicht erfüllt worden.
Die FKS konzentriert sich darüber hinaus mehr auf die organisierten Formen der Schwarzarbeit, weniger auf einzelne Minijobs. Daher ist die Kontrolldichte bei den Minijobs deutlich geringer.
Übrigens: In Betrieben mit Betriebsräten werden auch diese nach Kräften auf die Einhaltung des Mindestlohns achten. Hier herrscht häufig eine etwas bessere Situation.
Im Beitrag klang es kurz an, bis auf wenige Ausnahmen steht auch den Minijobbern der gesetzlich vorgeschriebene Mindestlohn zu. Was sind die Ausnahmen?
Ein Anspruch auf gesetzlichen Mindestlohn besteht grundsätzlich nicht für Jugendliche unter 18 Jahren, die noch keinen Berufsabschluss erworben haben. Auch für Praktika ist kein Mindestlohn zu zahlen, sofern sie im Rahmen einer Ausbildung absolviert werden. Ausgenommen sind in den ersten sechs Monaten ihrer Beschäftigung auch Arbeitnehmer, die aus der Langzeitarbeitslosigkeit in ein Arbeitsverhältnis eintreten.
Übergangsfristen für bestimmte Branchen, zum Beispiel in der Sicherheits- oder Fleischindustrie, sind übrigens mit dem 1.1.2017 abgelaufen. Auch hier gilt nun der gesetzliche Mindestlohn.
Viele Minijobber trauen sich nicht, ihren Anspruch auf gesetzlichen Mindestlohn gegen ihren Arbeitgeber durchzusetzen. Sie haben Angst, ihren Job zu verlieren. Haben Minijobber weniger Rechte?
Nein, absolut nicht. Das wird in der Praxis häufig verkannt. Sie sind rechtlich genauso gestellt wie andere Arbeitnehmer. Der einzige Unterschied ist die andere Behandlung in der Sozialversicherung und bei der Lohnsteuer. Das macht den Vorteil des Minijobs aus.
Allerdings sind viele Minijobber froh, überhaupt den Job zu haben und stecken daher in einem Dilemma, wenn es um Ungerechtigkeiten geht.
Was ist denn, wenn ich als Minijobber in einem Betrieb angestellt bin: Habe ich in diesem Fall auch die gleichen Rechte wie ein „normaler“ Angestellter?
Ja, es besteht „normaler“ Kündigungsschutz, wenn das Kündigungsschutzgesetz Anwendung findet. Das bedeutet, der Minijobber muss länger als 6 Monate beschäftigt sein und im Betrieb müssen mehr als 10 Arbeitnehmer beschäftigt werden. Dann ist auch eine Kündigung des Minijobbers nur zulässig, wenn sie sozial gerechtfertigt ist, z.B. die Firma schließt oder ein großer Auftrag samt Arbeitsaufwand fällt weg.
Minijobber haben auch Anspruch auf Entgeltfortzahlung bei Arbeitsunfähigkeit, Anspruch auf Urlaub unter Zahlung des Urlaubsentgelts und bspw. auch Einhaltung des Arbeitszeitgesetzes. Auch geltend die gesetzlichen Kündigungsfristen.
Was können Minijobber tun, die nicht den Mindestlohn bekommen?
In jedem Fall sollten die Arbeitszeiten lückenlos dokumentiert und idealerweise von einem Vorgesetzten bestätigt werden. Ist dieser dazu nicht bereit, dann sollte möglichst ein anderer Arbeitnehmer dies bestätigen. Oder man kann sich zumindest aufschreiben, wer im Zweifel die Arbeitszeiten bestätigen kann (Zeugen, Kunden u.a.).
Können schlecht bezahlte Minijobber irgendwo Verstöße melden, ohne Gefahr zu laufen, gekündigt zu werden?
Ja, dafür gibt es die Mindestlohn-Hotline des Bundesarbeitsministeriums. Dort können sie sich zunächst informieren und um Rat fragen.
Einen Verstoß kann man bei der Polizei, der Staatsanwaltschaft oder beim Zoll anzeigen. Für die Ermittlungen ist der Zoll dann zuständig. Verstöße gegen das Mindestlohngesetz (MiLoG), das Arbeitnehmer-Entsendegesetz (AEntG) und Verstöße gegen das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) können nach § 21 MiLoG, § 23 AEntG und nach § 16 AÜG als Ordnungswidrigkeit geahndet werden.
Der Zoll sichert Hinweisgeber/innen Datenschutz zu und garantiert, falls gewünscht, Anonymität: „Grundsätzlich unterliegen Ihr Name und Ihre Angaben datenschutzrechtlichen Bestimmungen, sodass diese Daten nicht unbefugt weitergegeben werden dürfen. Hinweise können selbstverständlich auch anonym abgegeben werden“, heißt es dazu auf der Webseite des Zolls.
Der Zoll führt in einer Liste online die „Ansprechpartner für die Bekämpfung von Schwarzarbeit“ auf, also die Stellen der Finanzkontrolle Schwarzarbeit, bei denen in den jeweiligen Bundesländern Schwarzarbeit und Verstöße gegen den gesetzlichen Mindestlohn oder gegen die Branchenmindestlöhne gemeldet werden können.
Ansprechpartner: http://www.zoll.de/DE/Fachthemen/Arbeit/Bekaempfung-der-Schwarzarbeit-und-illegalen-Beschaeftigung/Ansprechpartner/ansprechpartner_node.html
Wann lohnt es sich zu klagen?
Das ist stets eine Abwägung der Interessen. Jeder muss für sich entscheiden, ob er „Ungerechtigkeiten“ oder die Verletzung vertraglicher oder gesetzlicher Pflichten hinnehmen möchte. Und er muss für sich bewerten, ob ein Risiko besteht, seinen Job zu verlieren, und er das riskieren möchte.
In jedem Fall ist das Risiko geringer, wenn man das Arbeitsverhältnis seinem Ende zustrebt, zum Beispiel weil man gekündigt worden ist. Dann kann man risikoloser seine Rechte einfordern.
Was empfehlen Sie?
Am besten spricht man den Vorgesetzten und Arbeitgeber an. Vielfach wissen diese wenig von der Rechtslage. Erst wenn sich dieser weigert, sollte man einen Fachanwalt oder seine Gewerkschaft aufsuchen und um Rat fragen.