Viele Arbeitsverträge oder Tarifverträge enthalten eine Regelung, die Beschäftigten für jede Überstunde einen Zuschlag gewährt. Diese Klauseln wurden bisher so ausgelegt, dass der Zuschlag erst ab Überschreiten der regulären Arbeitszeit eines Vollzeitbeschäftigten gewährt wird. Das bedeutete für Teilzeitbeschäftigte: Den Zuschlag bekamen sie nicht automatisch mit ihrer ersten Überstunde, sondern erst, wenn sie die Regelarbeitszeit der Vollzeitkräfte überschritten.
Zum Sachverhalt: Teilzeitkraft beklagt Ungleichbehandlung
Die Arbeitnehmerin im vorliegenden Fall arbeitete als Teilzeitkraft in einem gastronomischen Betrieb. Auf ihr Arbeitsverhältnis war ein Manteltarifvertrag anwendbar, der einen Zuschlag für Überstunden vorsah. Die Arbeitnehmerin leistete im Laufe ihrer Anstellung viele Überstunden. Zuschläge zahlte ihr Arbeitgeber allerdings nicht.
Die Arbeitnehmerin sah sich dadurch in ihrem Recht auf Gleichbehandlung nach § 4 Abs. 1 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) verletzt und erhob Klage vor dem Arbeitsgericht. Sie werde im Vergleich zu Vollzeitkräften benachteiligt, da sie unmöglich die Regelarbeitszeit eines Vollzeitbeschäftigten durch Überstunden überschreiten könne. Sie habe somit keine Möglichkeit, einen Überstundenzuschlag zu erhalten.
Zur Entscheidung: Zuschlag für jede Überstunde von Teilzeitbeschäftigten
Vor dem BAG hatte die Klage der Arbeitnehmerin Erfolg. Das Gericht erklärte, auch Teilzeitbeschäftigte hätten ab der ersten Überstunde einen Anspruch auf den Überstundenzuschlag. Relevant sei nicht, wie viele Stunden eine Vollzeitkraft im Betrieb arbeite, sondern wie hoch die reguläre Arbeitszeit einer Teilzeitkraft sei. Eine andere Auslegung verstoße gegen das Verbot der Ungleichbehandlung des § 4 Abs. 1 TzBfG, da eine Teilzeitkraft ansonsten praktisch nie einen Zuschlag für ihre Überstunden erhalte.
Fazit
Mit diesem Urteil änderte der zehnte Senat des BAG ausdrücklich seine Rechtsprechung zur Auslegung solcher Tarifvertragsklauseln. Zwar hängt ein Anspruch auf Überstunden immer noch von den jeweiligen Arbeits- und Tarifverträgen ab, die BAG-Entscheidung könnte jedoch eine Wende in der Auslegung dieser Klauseln bedeuten.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 19. Dezember 2018 – 10 AZR 231/18