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Viele Einzelverstöße berechtigen nicht zur Kündigung ohne Abmahnung

Ein Rechtsbeitrag von Rechtsanwalt und Fachanwalt Christoph J. Burgmer

Zum Hintergrund: Wann ist eine Abmahnung erforderlich?

Hat ein Arbeitnehmer durch ein Verhalten seine Pflichten verletzt und erwägt der Arbeitgeber deswegen seine Kündigung, so muss er den Arbeitnehmer grundsätzlich vorher abmahnen. Grund dafür ist, dass eine Kündigung nur das sog. letzte Mittel (ultima ratio) darstellt, also nur zulässig ist, wenn die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses dem Arbeitgeber unzumutbar erscheint. Durch die Abmahnung wird das Fehlverhalten des Arbeitnehmers dokumentiert und der Arbeitnehmer bekommt eine letzte Möglichkeit, sein Verhalten zu ändern und so einer Kündigung zu entgehen.
Nur in wenigen Ausnahmefällen kann einem Arbeitnehmer ohne vorherige Abmahnung gekündigt werden. Klassisches Beispiel sind tätliche oder sexuelle Übergriffe am Arbeitsplatz. Hier ist davon auszugehen, dass dem Arbeitnehmer bewusst ist, dass die Vertragsverpflichtung so schwer wiegt, dass der Arbeitgeber sie nicht hinnehmen wird. Eine Abmahnung ist daher entbehrlich.

Zum Sachverhalt: Viele Einzelverstöße durch Arbeitnehmer

Im konkreten Fall arbeitete der Arbeitnehmer ohne feste Arbeitszeiten auf Grundlage der sog. Vertrauensarbeitszeit. Allerdings häuften sich viele Einzelverstöße, z.B. sagte der Arbeitnehmer wiederholt Meetings erst in letzter Minute krankheitsbedingt ab oder ignorierte Anweisungen. Daneben soll der Arbeitnehmer unerlaubt einer Nebentätigkeit nachgegangen sein. Nicht alle dieser Verstöße wurden allerdings mit einer Abmahnung geahndet.
Wegen der vielen Pflichtverletzungen kündigte die Arbeitgeberin das Arbeitsverhältnis zum Arbeitnehmer fristlos. Sie argumentierte, durch die vielen Einzelverstöße bestehe insgesamt eine Situation, in der ihr die Weiterführung des Arbeitsverhältnisses zum Arbeitnehmer nicht mehr zumutbar sei. Dem widersprach der Arbeitnehmer und begehrte die Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigung.

Zur Entscheidung: Unwirksamkeit der Kündigung

Auch die Richter sahen die Kündigung als unverhältnismäßig und somit unwirksam an. Die erklärte fristlose Kündigung scheitere am fehlenden wichtigen Grund und eine ordentliche Kündigung an der mangelnden sozialen Rechtfertigung.
Die vielen Einzelverstöße würden sich nicht zu einem so schwerwiegenden Gesamtverstoß addieren lassen, dass keine Abmahnung mehr nötig sei. Stattdessen sei für jeden Pflichtverstoß eine Abmahnung erforderlich, um dem Arbeitnehmer eine „letzte Warnung“ zu geben.

Fazit

Auch bei vielen kleineren Einzelverstößen des Arbeitnehmers müssen diese durch den Arbeitgeber abgemahnt werden. Weil eine Abmahnung der Dokumentation der Pflichtverstöße dient und dem Arbeitnehmer den Ernst der Lage bewusst machen soll, ist sie unverzichtbar.
Landesarbeitsgericht Köln, Urteil vom 06.09.2018 – Az.: 6 Sa 64/18

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