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Abmahnung einer Amtspflichtverletzung durch ein Betriebsratsmitglied ist unzulässig

Ein Rechtsbeitrag von Rechtsanwalt und Fachanwalt Christoph J. Burgmer

Wie dürfen Arbeitgeber auf das Fehlverhalten von Betriebsratsmitgliedern (nicht) reagieren?

Die Tätigkeit in einem Betriebsrat soll keine negativen oder positiven Einflüsse auf die gewöhnliche Arbeitnehmerposition im Unternehmen haben. Dementsprechend darf ein Betriebsratsmitglied nicht für die Verletzung sog. Amtspflichten abgemahnt werden, wenn es sich im Rahmen der  Betriebsratstätigkeit falsch verhalten hat. Eine Reaktionsmöglichkeit des Arbeitgebers bleibt der Versuch, das Fehlverhalten mit einem Ausschluss aus dem Betriebsrat zu sanktionieren (§ 23 Abs. 1 Betriebsverfassungsgesetz – BetrVG).
Allerdings ist eine Abmahnung weiterhin möglich, wenn das Betriebsratsmitglied keine Amtspflicht, sondern eine gewöhnliche Arbeitnehmerpflicht verletzt. Wenn es beispielsweise regelmäßig zu spät zur Arbeit erscheint, hat dies nichts mit der Tätigkeit im Betriebsrat zu tun.
Wird das Mitglied dennoch unberechtigt abgemahnt, so kann es sich dagegen natürlich wehren. Ein Anspruch des Betriebsrats als Gremium besteht aber nicht.

Arbeitgeber mahnt Betriebsräte ab

Im entschiedenen Fall forderte der Betriebsrat eine große Gruppe Mitarbeiter auf, ihren individuellen Arbeitsvorgaben zu widersprechen. Dies sollte dem Betriebsrat dabei helfen, aus seiner Sicht falsch berechnete Prämienansprüche für die Arbeitnehmer gerichtlich durchzusetzen.
Dieses Verhalten mahnte die Arbeitgeberin ab, weil sie es als schwerwiegenden Verstoß gegen das Gebot der vertrauensvollen Zusammenarbeit (§ 2 Abs. 1 BetrVG) und die Friedenspflicht (§ 74 Abs. 2 S. 2 BetrVG) wertete.
Daraufhin wandten sich die Betriebsratsmitglieder an das ArbG Stuttgart. Sie wollten feststellen lassen, dass die Abmahnungen unwirksam sind.

ArbG Stuttgart: Betriebsratsmitglieder durften nicht abgemahnt werden

Die Richter gaben ihnen Recht: Die Abmahnungen seien aus den ausschließlich die individuellen Arbeitsverhältnisse betreffenden Personalakten der Mitglieder zu entfernen. Der Vorwurf einer Amtspflichtverletzung habe mit dem gewöhnlichen Arbeitsverhältnis der Mitglieder nichts zu tun. Die Arbeitgeberin habe vorliegend individual- und betriebsverfassungsrechtliche Pflichten vermischt. Dadurch bestehe die Gefahr, dass sich die Tätigkeit als Betriebsratsmitglied auf das berufliche Fortkommen als Arbeitnehmer negativ auswirke.

Fazit

Individual- und betriebsverfassungsrechtliche Pflichten dürfen nicht vermengt werden. Des Weiteren darf insbesondere das berufliche Fortkommen eines Arbeitnehmers nicht dadurch gefährdet sein, dass er sich als Betriebsratsmitglied engagiert. Dementsprechend hat die Abmahnung eines Betriebsratsmitglieds keinen Bestand, wenn sie lediglich auf einer Amtspflichtverletzung beruht. Entsprechend lohnt es sich für Betriebsräte in den allermeisten Fällen, gegen solche Abmahnungen vorzugehen.
Arbeitsgericht Stuttgart, Beschluss vom 30.04.2019, Az.: 4 BV 251/18

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