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Kann man halbe Urlaubstage nehmen?

Ein Rechtsbeitrag von Rechtsanwalt und Fachanwalt Christoph J. Burgmer

Allgemein zum Urlaubsanspruch des Arbeitnehmers

Mindestens 24 Werktage Urlaub pro Jahr stehen einem Arbeitnehmer zu. Das entspricht 20 Arbeitstagen für einen Arbeitnehmer, der regelmäßig fünf Tage in der Woche arbeitet. Einen Urlaubsantrag des Arbeitnehmers darf der Arbeitgeber nur unter bestimmten Voraussetzungen ablehnen (§ 7 BurlG). Dies ist der Fall, wenn die Urlaubswünsche anderer Mitarbeiter vorrangig zu beachten sind (insbesondere bei schulpflichtigen Kindern) oder der Arbeitgeber auf den Mitarbeiter dringend angewiesen ist (z.B. in der Hochsaison oder bei Krankheitsfällen). Der Urlaub des nicht berücksichtigten Arbeitnehmers muss dann an einem anderen Tag gewährt werden.
In vielen Arbeitsverträgen ist zudem Zusatzurlaub vorgesehen, der über das gesetzliche Mindestmaß hinausgeht. Dauer, Verteilung und Verfall dieses Zusatzurlaubs können im Arbeitsvertrag freier geregelt werden als beim gesetzlichen Mindesturlaub, da es sich um einen vertraglichen Anspruch handelt.

Halbe Urlaubstage über mehrere Jahre gewährt

Kläger in dem Verfahren vor dem LAG Baden-Württemberg war ein Mechaniker, der seit vielen Jahren in der Frühschicht (6-14 Uhr) gearbeitet hatte. In seiner Freizeit half der Mechaniker auf dem Weingut seiner Familie aus. Zu diesem Zweck hatte seine Arbeitgeberin ihm in den vergangenen Jahren einige halbe Urlaubstage gewährt. An diesen konnte der Mechaniker bereits um 10 Uhr nach Hause gehen.
Ab dem Jahr 2017 wollte die Arbeitgeberin ihm nur noch maximal sechs halbe Urlaubstage jährlich gewähren. Hiergegen klagte der Arbeitnehmer und verlangte, dass er 20, halbe Urlaubstage jährlich, mindestens aber 16 gewährt bekomme. In erster Instanz verlor der Mechaniker. Hiergegen wehrte er sich in der Berufungsinstanz vor dem LAG Baden-Württemberg.

LAG Baden-Württemberg: Grundsätzlich keine halben Urlaubstage

Das LAG Baden-Württemberg bestätigte im Ergebnis die Entscheidung der ersten Instanz. Demnach müssen Urlaubstage stets im Zusammenhang stehen. Zwar könne Urlaub mitunter auch in mehreren Abschnitten gewährt werden, jedoch reiche allein der Wunsch des Arbeitnehmers hierzu nicht aus. Es müssten vielmehr betriebliche oder persönliche Gründe vorliegen, die eine Zerstückelung rechtfertigen. Zweck des Urlaubs sei nämlich die Erholung. Dieser Zweck werde verfehlt, wenn die einzelnen Urlaubstage nicht im Zusammenhang stünden. Eine Abweichung von diesem Grundsatz hinsichtlich des gesetzlichen Mindesturlaubs sei nicht zulässig.
Mehr Spielraum gebe es jedoch beim vertraglichen Zusatzurlaub. Diese Urlaubstage könnten auch zerstückelt und deshalb auch halbtags in Anspruch genommen werden. Hierzu sei aber eine entsprechende Vereinbarung im Arbeitsvertrag erforderlich. Da eine solche Vereinbarung im Fall des Mechanikers jedoch gefehlt habe, wurde die Berufung zurückgewiesen.

Fazit

Gesetzlicher Mindesturlaub muss grundsätzlich zusammenhängend und in ganzen Tagen gewährt werden, halbe Urlaubstage können nicht genommen werden. Wenn der Arbeitgeber dennoch einen solchen Wunsch des Arbeitnehmers erfüllt, wird seine Pflicht zur Gewährung des gesetzlichen Mindesturlaubs dadurch nicht erfüllt. Der Arbeitnehmer könnte seine “halb genutzten Tage” erneut als ganze Urlaubstage einfordern.
Anders ist es beim vertraglichen Zusatzurlaub: hier können die Urlaubstage auch halbtags genommen werden.
Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 06.03.2019, Az.: 4 Sa 73/18

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