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Kündigung wegen Wiederheirat eines katholischen Arztes möglicherweise unzulässige Diskriminierung

Ein Rechtsbeitrag von Rechtsanwalt und Fachanwalt Christoph J. Burgmer

Kündigung wegen Wiederheirat eines katholischen Arztes möglicherweise unzulässige Diskriminierung

Die Kirchen haben in Deutschland einen rechtlichen Sonderstatus und können laut dem Grundgesetz ihre Angelegenheiten selbstständig regeln. Daher sind auch religiöse Verhaltensregeln als Berufsanforderungen für kirchliche Angestellte grundsätzlich zulässig. Dies gilt jedoch nicht unbegrenzt.
Die Kündigung eines Arztes durch ein katholisches Krankenhaus wegen kirchenrechtswidriger Wiederheirat kann eine nach Europarecht unzulässige Diskriminierung darstellen.
So hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) am 11. September 2018 entschieden.
Zum Hintergrund: Besonderheiten für Kirchen im Arbeitsrecht. Das Grundgesetz schützt die Kirchen durch spezielle Rechte und Regeln. So besteht das Recht der Kirchen, ihre internen Angelegenheiten eigenständig zu regeln. Für das Arbeitsrecht ergeben sich dadurch Besonderheiten. Die Arbeitnehmer sind gegenüber der Kirche zur Loyalität verpflichtet. Das bedeutet, dass die Arbeitnehmer sich privat und im Berufsleben an den religiösen Vorstellungen der Kirche orientieren müssen. Bestimmte Verstöße gegen das kanonische Recht gelten für kirchliche Beschäftigte als Pflichtverstöße, weshalb unter Umständen auch gekündigt werden kann.

Zum Fall: Kündigung wegen Wiederheirat

Der Arbeitnehmer war Chefarzt in einem Krankenhaus, welches von einer der katholischen Kirche gehörenden GmbH betrieben wird. Als sich herausstellte, dass der Arzt nach einer Scheidung von seiner ersten Ehefrau wieder geheiratet hatte, kündigte ihm das Krankenhaus. Als Begründung wurde aufgeführt, der Arbeitnehmer habe gegen seine Loyalitätspflichten aus dem Dienstvertrag verstoßen, als er eine nach Kirchenrecht ungültige zweite Ehe einging.
Der Arbeitnehmer klagte vor den Arbeitsgerichten und beanstandete einen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz. Nachdem er in allen Instanzen erfolgreich war, entschied das Bundesverfassungsgericht   die grundgesetzlich garantierte Selbstbestimmung der Kirchen sei in den Entscheidungen zu wenig gewürdigt worden. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) wandte sich an den Europäischen Gerichtshof (EuGH) und bat um Beurteilung möglicher Verletzungen der EU-Gleichbehandlungsrichtlinie, welche eine Diskriminierung aufgrund der Religion grundsätzlich verbietet.

Zur Entscheidung: Möglicherweise Diskriminierung

Der EuGH führte nun aus, dass die Kündigung eine unzulässige Diskriminierung darstellen könne. Die Entscheidungen eines Arbeitgebers mit religiösen oder weltanschaulichen Wertvorstellungen müsse gerichtlich auf mögliche Diskriminierungen überprüfbar sein. Das gelte auch dann, wenn der Arbeitgeber unter Berufung auf sein kirchliches Selbstverständnis kündige. Entscheidend sei bei dieser Prüfung, ob der Arbeitgeber im Hinblick auf die Art der Beschäftigung, wesentliche, rechtmäßige und gerechtfertigte berufliche Anforderung stelle. Es sei daher im vorliegenden Fall erforderlich, dass das BAG den Fall basierend auf diesem Grundsatz neu entscheide.
Hierbei sei fragwürdig, ob die Vorstellungen der Kirche über die Ehe eine zulässige berufliche Anforderung für die Arbeit als Chefarzt darstellten. Dies gelte umso mehr mit Blick darauf, dass andere Ärzte des Krankenhauses nicht katholisch seien und von ihnen die Wahrung des kirchlichen Selbstverständnisses nicht verlangt werde. Das BAG habe bei seiner Neuentscheidung aber ebenso das Recht der Kirchen auf Autonomie sowie mögliche Beeinträchtigungen ihres Ethos zu beachten.

Fazit und Ausblick

Das Selbstbestimmungsrecht der Kirchen hat Auswirkungen auf die zulässigen Anforderungen an katholische Arbeitnehmer. Kirchliche Angestellte sind demnach verpflichtet, sich entsprechend der Moralvorstellungen der Kirche zu verhalten. Es bleibt jedoch im Einzelfall zu entscheiden, ob die Kirche für die Art der Beschäftigung wesentliche, rechtmäßige und gerechtfertigte Maßstäbe angelegt hat.
Ein pauschales Recht zur Kündigung wegen Wiederheirat steht der Kirche daher nicht zu.
Beendet ist der Rechtsstreit damit noch nicht. Zunächst hat das Bundesarbeitsgericht unter Maßgabe der dargestellten Entscheidung zu urteilen. Sollte es dem EuGH folgen, könnten der Arbeitgeber (erneut) vor das Bundesverfassungsgericht ziehen. Ob auch dieses dem EuGH folgt, bleibt abzuwarten.
Europäischer Gerichtshof, Urteil v. 11.09.2018, Az. C-68/17
Der EuGH traf erst vor kurzem eine ähnliche Entscheidung zum Recht der kirchlichen Arbeitgeber.

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