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Wertende Kritik am Arbeitgeber im Ausbildungsverhältnis: Kündigungsgrund?

Ein Rechtsbeitrag von Rechtsanwalt und Fachanwalt Christoph J. Burgmer

Auszubildende warf dem Ausbilder Diskriminierung wegen ihrer sprachlichen Defizite vor

Die Auszubildende lehnte das Angebot schriftlich ab. In ihrem Schreiben führte sie aus, dass sie sich durch die Wortwahl in dem Schreiben der Kanzlei sehr verletzt fühle. Ihre sprachlichen Schwierigkeiten seien der Kanzlei zu Beginn des Ausbildungsverhältnisses bekannt gewesen; sprachliche Unterstützung, wie dies bei anderen Ausbildern üblich sei, habe man ihr jedoch nicht angeboten. Weiter hieß es: „Es ist bedauerlich, dass Sie keinen Beitrag für die gesellschaftliche Integration sprachlich eingeschränkter Personen, wie ich es bin, leisten möchten. In meiner jetzigen Klasse sind etwa 50% der Auszubildenden ausländischer Herkunft und werden auch nicht für ihre Schwächen diskriminiert. Ihre Worte sind wirklich sehr verletzend (…).“

Kündigung des Ausbildungsverhältnisses – wegen zerrüttetem Vertrauensverhältnis?

Die Kanzlei kündigte das Ausbildungsverhältnis daraufhin am 21.07.2015 außerordentlich und fristlos aus wichtigem Grund gemäß § 22 Absatz 2 Nr. 1 des Berufsbildungsgesetzes (BBiG). Zur Begründung führte sie unter anderem an, aufgrund der im Schreiben der Auszubildenden enthaltenen Vorwürfe sei das Vertrauensverhältnis nachhaltig zerrüttet, sodass das Ausbildungsverhältnis nicht fortgesetzt werden könnte.
Die Auszubildende erhob daraufhin Klage. Das Arbeitsgericht und das LAG gaben ihr jeweils Recht und stellten die Unwirksamkeit der Kündigung fest.

Wertende Kritik am Arbeitgeber fällt unter Art. 5 Abs. 1 GG

Die Äußerungen der Klägerin seien vom Grundrecht auf Meinungsfreiheit aus Artikel 5 Absatz 1 des Grundgesetzes gedeckt, argumentierte das LAG. Unter die Meinungsfreiheit fallen auch Werturteile, die sich nicht auf feststehende Tatsachen bezögen. Vom Schutz der Meinungsfreiheit seien solche Äußerungen auch dann erfasst, wenn sie pointiert oder überzogen geäußert würden. Der wertende Charakter der Äußerungen der Klägerin habe in ihrem Schreiben im Vordergrund gestanden, weder habe sie Schmähungen noch Beleidigungen geäußert. Der Vorwurf der Klägerin, sie sei von den Beklagten aufgrund ihres Migrationshintergrunds und ihrer sprachlichen Schwächen diskriminiert worden, stelle vor allem ein Werturteil dar. Aufgrund der konkreten Situation – die Klägerin habe um ihren Ausbildungsplatz gefürchtet – habe sie besonders emotional reagiert. Die von der Klägerin erhobenen Vorwürfe vermochten somit eine außerordentliche Kündigung nicht zu rechtfertigen.
LAG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 2.3.2017 – Az.: 5 Sa 251/16

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